Blechspielzeug Gebr. Märklin & Cie. Göppingen (Württbg.)


Fabrik feiner Metallspielwaren

Eine Spur-0 Sammlung aus den 30-er Jahren

Auch zu unserer Weihnachtsausstellung 2010 habe ich wieder eine nostalgische Spielzeugeisenbahn ausgestellt. Nach der 2009 ausgestellten Spur 0 - Anlage mit Fahrzeugen der Firma Zeuke aus Bakelit und Blech, hergestellt in den 50-er Jahren habe ich zu dieser Ausstellung das pure Blech auf meiner Ausstellungsanlage gezeigt - auch als Tin Plate (Weißblech) bezeichnet. Dabei handelt es sich ausschließlich um Fahrzeuge und Zubehör der Firma Märklin aus den 30-er Jahren.

Gerade in der Weihnachtszeit wurde zu Großvaters und Urgroßvaters Zeiten im letzten Jahrtausend, in der ersten Hälfte des 20-sten Jahrhundert die Spielzeugeisenbahn für die Kinder unter dem Weihnachtsbaum aufgebaut. Zu Beginn der Blecheisenbahn-Ära wurden die Lokomotiven mit einem Federwerk, wie in den guten alten Uhren angetrieben. In den wohlhabenderen Familien fuhren die Bahnen auch mit einer echten Dampfmaschine. In der weiteren Entwicklung der Technik brachte die Elektrizität auch bei der Spielzeugeisenbahn den Durchbruch, was sich bis heute nicht wesentlich geändert hat. Am Anfang drehten die Loks noch mit Starkstrom die Runden, was eine große Unfallgefahr darstellte und gerade für Kinder für den Spielbetrieb mehr als ungeeignet war, später in den 30-er Jahren traten die "20V - Bahnen" den Siegeszug an.

Neben den vielen Blechspielzeugherstellern aus Nürnberg hat die Göppinger Firma "Märklin" maßgeblich die Modellbahngeschichte in ihren Anfängen geprägt.

Die traditionsreiche Blechverarbeitungsfirma wurde 1859 von Theodor Friedrich Wilhelm Märklin in Göppingen gegründet. Geschäftsfeld war zu Beginn die Herstellung und der Vertrieb von Haushaltsgegenständen, Blechwaren, lackierte (emaillierte) Gegenstände für den Haushalt. Spielzeug war von untergeordneter Bedeutung, Spielzeugeisenbahnen waren damals noch nicht dabei.

Im August 1888 wurde die Folgefirma "Gebrüder Märklin" gegründet und im Handels- register als Spiel- und Metallwarengeschäft eingetragen. 1891 begann die fabrikmäßige Produktion von Eisenbahn- und Spielwaren. Während der Messe in Leipzig informierte Märklin die Öffentlichkeit über seine neue Spurweitenordnung, die Normierung der großen Spurweiten von 0 bis VIII. Diese Einteilung wurde in Folge von allen anderen Fabrikanten in aller Welt übernommen.

1892 erfolgt die Neufirmierung als "Gebr. Märklin & Co.". 1895 erscheint der erste Märklin-Katalog für Spielwarenhändler mit der Darstellung der ersten Spielzeugbahnen. Im Jahre 1900 erfolgt nach vielen Produktionsstätten in der Innenstadt Göppingens der Fabrikneubau an der Stuttgarter Straße, welcher auf der Leipziger Frühjahrsmesse besonders beworben wurde. Die Leipziger Frühjahrsmesse war auch bis 1939 der Präsentationsort für alle Spielwarenneuheiten und Hauptumschlagplatz für alle Spielwarenhersteller. Ab 1900 nimmt die Spielzeugeisenbahn immer mehr Raum in Märklins Produktpalette ein.

Im Mai 1907 erfolgt die Neufirmierung als "Gebrüder Märklin und Cie.". Die Zeit des Ersten Weltkrieges und der Weltwirtschaftskrise überlebt die Firma Märklin. In dieser Zeit wird allerdings die Produktion von Spielzeugeisenbahnen der Spurweite III (75mm) und größer eingestellt.

1922 wird die Firma "Gebrüder Märklin & Cie" in eine GmbH umgewandelt. Ab dem Jahr 1924 erscheinen Endabnehmerkataloge, beginnend mit der Bezeichnung D1 bis D16 von 1939. Auch 1924 wurde, wie bereits erwähnt, der Starkstrombetrieb verboten. 1926 wird von Märklin das 20-Volt-System eingeführt, welches über lange Jahre zur Märklin - Norm wird. Gleichzeitig entwickelt sich die Spielzeugeisenbahn immer weiter zur Tisch-Modelleisenbahn mit den verbleibenden Spurweiten 0 (35mm) und I (48mm). Die Produktion in der Spurweite II (54mm) wird 1924 bei Märklin eingestellt. Ab 1930 begann man mit der Produktion von geprägten und mittels Chromolithographie bedruckten "Modellgüterwagen", dem eigentlichen Beginn der Zeit der Märklin-Modelleisenbahn.

Gerade diese Modelle der späten 30-er Jahre, aus der Glanzzeit der Blecheisenbahn, faszinieren mich auf eine ganz besondere Weise und haben mich persönlich zum Zusammentragen dieser heute als Sammlerobjekte geltende Modellbahn bewogen.

Nach Gründung der "Deutschen Reichsbahn Gesellschaft" (DRG) im Jahr 1920 kamen neue Lok- und Wagentypen (Einheitsfahrzeuge) auf die deutschen Gleise und auch die Modellbahnindustrie sprang mit neuen schönen Fahrzeugen im wahrsten Sinne des Wortes auf den Zug auf. Natürlich wurden die neuesten technischen Entwicklungen, die mit den entsprechenden Geschwindigkeitsrekorden bestachen, auch im Modell umgesetzt. So kam bei Märklin 1931 der "Schienenzeppelin" (SZ 12970), 1932 der Dieseltriebwagen "Fliegender Hamburger" (TW 12970) dessen Vorbild eine Rekordfahrt mit 175 km/h absolvierte. Weitere beeindruckende Modelle waren zum 100-jährigen Bestehen der Deutschen Eisenbahn 1935 der "Adler" (AR 12930) und als Höhepunkt der Spur-0 Produktion 1934 das legendäre "Schweizer Krokodil" (CCS 66/12920). Als letzte Neuheit kam 1938 der "Rote Pfeil" (RP 12930) auf den Markt. Weitere Modelle waren Ende der 30-er Jahre in Planung bzw. es gab bereits Handmuster. Zu einer Produktion kam auf Grund des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Hier sind der "Henschel-Wegmann-Zug" und der "Gläserne Zug" zu nennen.

Bereits im Jahr 1938 wurde bei Märklin die Produktion der Spurweite I eingestellt. Die Produktion der Spurweite 0 konnte nach dem Zweitem Weltkrieg nicht wieder an die Vorkriegsproduktion der 30-er Jahr anknüpfen. Die Produktion verlagerte sich, nicht zuletzt durch die angespannte Wohnungs- situation in den Nachkriegsjahren, mehr und mehr in Richtung der Tischbahn in der Spurweite 00/H0. Damit war die Tin Plate-Ära 1954 endgültig zu Ende, die Produktion in der Spurweite 0 wird eingestellt.

Der Grundstock für meine Sammlung wurde mit einem Güterzug gelegt, welchen ich von meinem Vater geerbt habe. In den letzten Jahren habe ich die Sammlung ausgebaut, die einen Querschnitt aus der Produktion von Märklin aus den späten 30-er Jahren zeigt. Dabei zählen allerdings nicht die begehrten großen Lokmodelle, welche heute einen Wert von mehreren TEuro aufweisen. Diese Modelle konnten sich aber auch in den 30-er Jahren nur gutbetuchte Familien leisten.

Ein Vater verdiente z.B. 1935 als Facharbeiter 150 RM brutto im Monat. Im Verhältnis dazu kostete bei Märklin eine elektrisch angetriebene 2B-Dampflokomotive (E 66-12920) 37,50 RM. Selbst das konnte sich nicht Jeder leisten, geschweige denn ein Schweizer Krokodil (CCS 66-12920) für 125 RM. Und der Lebensunterhalt war seinerzeit ebenfalls nicht einfach. Es kosteten Lebensmittel z.B.:

Meine Ausstellungsanlage soll die Erinnerung an die Spur 0 von Märklin erhalten und ein Stück weit weiter leben lassen, und das heißt auch die Fahrzeuge im Betrieb zu zeigen und nicht nur in der Vitrine als Fossile verstauben zu lassen.

Sicherlich wird es zu einer der nächsten Weihnachtsaustellungen wieder eine Blechbahn zu sehen geben. Die Themenvielfalt ist durchaus gegeben. So wird die Firma Paya oder die Produktionen aus Tschechien bestimmt noch ein Thema werden. Bleiben Sie gespannt.

Jürgen Biek der Blechbahner

Segmentanlage in Spur 0

Der Sammler bei der Arbeit

Alles an der richtigen Stelle

Anlage begeistert nicht nur Männer

Die Schätze werden wieder verpackt

Fahrbetrieb im Centralbahnhof

Circus-Zug die Sensation

Viel Betrieb

Überblick

Schienenzeppelin


Text: Jürgen Biek / Fotos: Andreas Keyser